Vor einer Woche hat die Heinrich-Böll-Stiftung eine Veranstaltung durchgeführt mit dem Titel:
„Demokratie beginnt im Lokalen. Zeit für eine neue Medienförderung“
Das könnte auch das Motto des heutigen Abends sein. Denn darum geht es ja: Um die Sicherung der medialen Vielfalt in Köln. Oder anders gesagt: Köln ohne Stadtrevue, das wäre ein Schritt in die mediale Versteppung. Ich mag mir das nicht vorstellen, und deswegen war ich auch dabei, als wir im Juli den Förderverein für die Stadtrevue gegründet haben, den Stadtrecherche e.V.
„Demokratie beginnt im Lokalen, und sie braucht Information und Austausch. Für beides gibt es Lokaljournalismus“, heißt es in dem Text der Böll-Stiftung. Und weiter: „Der Lokaljournalismus steht schon lange unter Druck. Wo aber Redaktionen schließen und Lokales nur noch aus der Ferne berichtet wird, kommt auch die lokale Öffentlichkeit in Schieflage.“ Zitat Ende
Mit Lokaljournalismus sind natürlich erst einmal Zeitungen wie der Kölner Stadt-Anzeiger gemeint. Aber die Stadtrevue gehört auch dazu. Sie ist zwar keine Tageszeitung, greift aber ebenso lokale Themen und Debatten auf, und zwar, wie ich finde, oft mit unkonventionellem Zugang, mit journalistischem Ehrgeiz und mit kritischer Haltung.
Alle lokalen Medien stehen gehörig unter Druck. Bei der Stadtrevue ist die Auflage in den letzten 20 Jahren um 57% gesunken auf aktuell rund 10.000 Exemplare. Beim Kölner Stadtanzeiger und der Kölnischen Rundschau sehen die Zahlen noch schlechter aus. Da sank die verkaufte Auflage der beiden Zeitungen zusammen in den letzten 20 Jahren sogar um 62%.
Auch der Weg ins Digitale hat den Trend nicht aufhalten können. Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge sank die Verbreitung von Print und E-Paper von Stadt-Anzeiger und Kölnischer Rundschau in den Jahren 2021 bis 2024 um fast 60.000 Exemplare – ein Einbruch von 27 Prozent innerhalb von nur drei Jahren.
In der Krise macht es einen Unterschied, ob eine Zeitung der Belegschaft gehört oder einem Konzern. Der DuMont-Konzern macht mit dem Kölner Stadtanzeiger immer noch Gewinn, und solange das so bleibt, wird die Zeitung auch weiter erscheinen. Der Preis dafür ist allerdings hoch: die Zahl der Stellen in der Redaktion wurde drastisch reduziert, die geforderte Leistung aber gleichzeitig erhöht. Im vergangenen Jahr wandte sich die Belegschaft in zwei offenen Briefen an die beiden Verleger. Man habe den Eindruck, Zitat „dass der ‚Kölner Stadt-Anzeiger‘ auf Kosten der Belegschaft und journalistischer Integrität ausgeblutet wird – um andere Unternehmenszweige innerhalb der DuMont-Gruppe zu finanzieren“ Zitat Ende. Beklagt wurde außerdem eine – so wörtlich – „noch nie erlebte menschliche Kälte, (…) und das in einem Verlag, der sich als Familienunternehmen präsentiert.“ Zitat Ende. Einen Konzern im Rücken zu haben, ist also für die Belegschaft nicht immer von Vorteil.
Die StadtRevue ist nicht von den Vorgaben irgendwelcher Investoren abhängig, denn die gibt es nicht. Bei der Gründung vor knapp 50 Jahren gehörte sie zwar noch zwei Verlegern, aber bald darauf kam der Stadtrevue-Verlag in die Hände der Belegschaft. Der nächste Schritt wird die Gründung einer Genossenschaft sein, um das Projekt auf eine breitere Grundlage zu stellen. Statt einem Konzern hätte die StadtRevue dann all die Leser und Leserinnen, Freunde und Mitarbeiterinnen im Rücken, die sich an der Genossenschaft beteiligen. Das wäre dann das Gegenteil von menschlicher Kälte.
Dass eine Genossenschaft nicht nur was fürs Herz ist, sondern auch ökonomisch erfolgreich sein kann, zeigt das Beispiel der taz-Genossenschaft. Als das chronisch notleidende Zeitungsprojekt 1991 ökonomisch mal wieder kurz vor dem Aus stand, entschieden sich die Mitarbeiter:innen für die Gründung einer Genossenschaft. 3.000 Leserinnen und Leser sicherten mit dem Kauf von Genossenschaftsanteilen nicht nur die Existenz der Zeitung, sondern auch deren Unabhängigkeit. Heute sind es mehr als 24.000 Genossenschaftsmitglieder, die für eine solide ökonomische Grundlage sorgen.
Die StadtRevue ist nicht die taz und Köln nicht Berlin. Aber der Weg, eine Zeitung in die Hände ihrer Leser und Leserinnen zu geben, ist richtig. Und jetzt wird die Frage sein, ob es genügend Leute gibt, die sagen: Köln ohne Stadtrevue? Das geht gar nicht!
Zum Schluss noch zwei Anmerkungen:
Lokaljournalismus ist nicht Provinzjournalismus. Wenn man wissen will, was in der Kölner Verkehrspolitik falsch läuft, lohnt ein Blick nach Paris, und in der Drogenpolitik lohnt ein Blick nach Zürich. Spannend kann es aber auch sein, wenn man nach Wuppertal schaut. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ würdigt in ihrer aktuellen Ausgabe vom 10. September das Open Ground in Wuppertal als besten Musikclub Europas. Wow! Für Leser und Leserinnen der Stadtrevue ist das allerdings nichts Neues. Die Stadtrevue hatte den Club schon in der April-Ausgabe gewürdigt, fünf Monate vor der alten Tante aus Hamburg.
Das Motto muss also lauten: Global denken, lokal publizieren und die Stadtrevue unterstützen!
															